Wer?
Wir sind vierundzwanzig von neun Millionen Frauen in Deutschland, die gerade die Wechseljahre erleben.
Wir leben über ganz Deutschland verteilt, von Freiburg, Wiesbaden und Baden-Baden bis übers Rheinland, Münsterland, Berlin und Hamburg.
Wir verstehen uns als loser Verbund von Ärztinnen, Wechseljahrsberaterinnen, Apothekerinnen, Journalistinnen, Unternehmerinnen, Aktivistinnen und Influencerinnen.
Wir haben es uns zum Ziel gesetzt, die Wechseljahre gesellschaftlich zu enttabuisieren, für den Arbeitsplatz zu thematisieren und auf die Gesundheitspolitische Agenda zu setzen.
Warum?
Frauen im mittleren Alter sind weltweit die schnellst wachsende Alterskohorte. Entsprechend kommt unser Hashtag aus der Statistik: Über 9 Millionen Frauen in Deutschland sind zwischen 40 und 55 Jahren alt und somit vermutlich in den Wechseljahren, medizinisch der Perimenopause bzw. frühen Postmenopause. Etwa 2/3 der Frauen leiden unter Beschwerden, circa 1/3 davon unter schweren Beschwerden. Diese Beschwerden verursachen Schadensfälle in der Arbeitswelt. Trotz dieser bemerkenswerten Zahl wird das Thema weitgehend ignoriert.
Dabei wird es rechnerisch noch interessanter: Laut einer Studie der renommierten Mayo-Clinic aus diesem Jahr verliert die US-amerikanische Wirtschaft jedes Jahr 1,8 Milliarden US Dollar allein durch den Ausfall von Arbeitsstunden aufgrund von Wechseljahresbeschwerden. Für Deutschland gibt es noch keine ähnlichen Zahlen, sie werden gerade erhoben. Dennoch wird der Schaden auch hierzulande massiv ausfallen. Denn Frauen in dieser Altersklasse arbeiten überwiegend in der Pflege, Schule und in der Dienstleistung – genau den Bereichen, die am stärksten vom Fachkräftemangel betroffen sind.
Nicht nur in der Arbeitswelt, sondern auch in der Medizin werden Frauen in den Wechseljahren systematisch benachteiligt.
Dies sind Fakten:
- Es gibt keine Abrechnungszahl der Krankenkassen (ICD-10) für Wechseljahresbeschwerden, weswegen eine gründliche Behandlung für Gynäkologe*innen wirtschaftlich uninteressant ist. Ärztinnen*innen können nur um die 16 Euro pro Quartal für allgemeine Beratung abrechnen – egal wie oft eine Patientin kommt.
- Die Wechseljahre sind im Grundstudium Medizin überhaupt kein Thema. Und auch in der fachärztlichen Ausbildung bleiben sie ein Stiefkind der Gynäkologie, Hausärzt*innen können demnach keine Differentialdiagnose Wechseljahre stellen.
- Die Menopause-Rating-Scale, die international als Diagnose-Tool für die Wechseljahre anhand von zehn Kernbeschwerden eingesetzt wird, ist unvollständig: Gerade frühe Symptome wie Kopfschmerzen, Gewichtszunahme am Bauch oder Hautprobleme werden nicht genannt. Frauen mit solchen Beschwerden erleben einen regelrechte Ärzte*innen-Marathon, der ergebnislos endet.
Die Wechseljahre sind nach wie vor ein Tabu. Sie werden weder kulturell noch gesellschaftlich oder politisch thematisiert, dabei betreffen sie die Hälfte aller Menschen direkt und die andere indirekt. Nachdenklich sollte stimmen, dass der einzige Bereich, der sich dem Thema öffnet, die Privatwirtschaft ist. Denn der Markt bedient die Nachfrage – und die ist, bei über neun Millionen potenziellen Kundinnen, natürlich riesig. Trotzdem steht das Tabu immer noch über dem Thema, dass es Frauen sogar schwerfällt, im privaten Rahmen über eventuelle Beschwerden zu sprechen.
Die Schäden dieses Schweigens können sowohl die physische als auch die psychische Gesundheit teils massiv beeinträchtigen. Betroffene mit geringerem Einkommen und Frauen mit Migrationshintergrund und eingeschränkten Sprachkenntnissen leiden laut Studien stärker als einkommensstarke Frauen. Hier gibt es Handlungsbedarf. Umfassende Beratung und Behandlung müssen für alle zugänglich sein.
Das Thema Hormone begleitet Menschen durch die gesamte zweite Lebenshälfte. Studien haben ergeben, dass Gesundheit und Lebenswandel im mittleren Alter den Grundstein für die späteren Jahre legen. Eine Behandlung mit körpereigenen Östrogenen kann Osteoporose verhindern und vielleicht kann sie auch Erkrankungen wie Demenz entgegenwirken. Erste Studien machen Hoffnung. Sicher ist: Es muss mehr geforscht werden.
Unsere Lebenserwartung ist heute stattlich. Natürlich möchten wir dieses lange Leben so gesund und selbstbestimmt wie möglich genießen. Doch nicht nur die persönliche Gesundheit, sondern auch Faktoren wie Public Health beeinträchtigen die individuelle Lebensqualität. Die Alterung der Gesellschaft stellt den Zusammenhalt vor immense Herausforderungen. Vorsorge und Prävention sind somit fast als politischer Akt zu verstehen. Die Wechseljahre spielen dabei schon aus quantitativen Gründen eine zentrale Rolle: Laut einer Studie werden 2030 eine Milliarde Frauen weltweit in den Wechseljahren sein.
Dabei könnte man jetzt schon Hilfe leisten. In Großbritannien haben das Parlament sowie 1000 Unternehmen, darunter PwC, BBC und diverse Banken ein Menopause-Pledge unterschrieben, nachdem Unternehmen Maßnahmen für Mitarbeitende anbieten – allen voran Aufklärung.
Wir fordern:
Im März 2023 haben die Gynäkologin und Bestseller-Autorin Dr. Sheila de Liz und die Autorin und Journalistin Miriam Stein auf Einladung der Abgeordneten Dorothee Bär und Julia Klöckner mit über 100 weiteren Frauen – Influencerinnen, Gesundheitsexpertinnen, Journalistinnen, Heilpraktikerinnen, Psychologinnen, Ärztinnen und Gründerinnen – im Rahmen der ersten Parlamentarischen Veranstaltung auf die Missstände in der Versorgung, in der medizinischen Ausbildung und im gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Umgang mit den Wechseljahren aufmerksam gemacht.
Aus der gemeinsamen Erfahrung entstand die #wirsind9millionen-Kampagne. Die Deutsche Menopausen Gesellschaft unterstützt unser Anliegen. Gemeinsam erreichen wir in den sozialen Medien über 250.000 Menschen.
Wir freuen uns über jede politische Unterstützung. Für spezifische Nachfragen sind unsere Expertinnen für Sie da.
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